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Ein holpriger Start

Wie sieht der Weg für Konzerte und Veranstaltungen aus?

Schwierigkeiten in Braunschweig, erste Schritte in Georgsmarienhütte, Planungen in Hannover – im ganzen Land bereiten sich Veranstalter:innen darauf vor, ihrem Publikum wieder ein Programm bieten zu können. 

Foto: Robin Werner

Der Einstieg dazu ist holprig. Die ersten Erfahrungen mit den Behörden in dieser frühen Phase stoßen viele vor den Kopf.

Das „Rock am Kennel“-Festival in Braunschweig plant für Ende Juli und wollte den Vorverkaufsstart mit einem Open-Air-Konzert unter Erfüllung der Hygienebedingungen noch im Mai würdig begehen. Maximal 250 Besucher:innen hätten unter freiem Himmel mit Abstand vor einer Bühne gesessen und ein Konzert erlebt. In der aktuellen niedersächsischen Verordnung ist es laut §7 Absatz 4 möglich „Veranstaltungen, die nicht auf verbale Interaktion und Kommunikation der Besucherinnen und Besucher gerichtet sind” durchzuführen – nicht aber, wenn man das Braunschweiger Gesundheitsamt fragt.

Das Amt schreibt: „Diesen Veranstaltungen ist gemein, dass die Besucher während der Veranstaltung keine verbale Interaktion/Kommunikation betreiben, sich insoweit ruhig verhalten, mit Ausnahme des (nicht verbalen) Applauses. Der Charakter eines Rock-Konzertes ist dagegen ein grundlegend anderer. Das Publikum singt die Lieder häufig mit, die Bands werden häufig lautstark bejubelt. Die Besucher können sich während des Konzerts uneingeschränkt verbal betätigen, ohne dass dieses aufgrund der Lautstärke eines Rock-Konzertes sofort bemerkt werden kann/muss.” 

Der Charakter eines bestuhlten Rockkonzerts, bei dem die Menschen mindestens 1,5 Meter voneinander entfernt sitzen, vorher getestet wurden und außerhalb des Sitzplatzes immer eine Maske tragen, unterscheidet sich deutlich vom vor-pandemischen Bild. Zumal auch bei leisen Konzerten lauter Jubel möglich ist.

Die Behörde würde zwar gerne erlauben, kann aber nach ihrer Lesart der aktuellen Verordnung nicht. Über zusätzliche mögliche Auflagen wie mehr Abstand oder eine durchgängige Maskenpflicht wurde nicht einmal nachgedacht. Kirchenchöre dürfen in voller Besetzung freiluftsingen, Biergärten öffnen und sogar in Fitnessstudios kann wieder trainiert werden. Geht es also wirklich um Infektionsgefahr? Alle wollen Kultur ermöglichen, aber keiner kann. Bürokratie kann verbieten, also verbietet sie. 

Denise Müller vom Veranstalter Rebel Event: „Thundermother waren bereits im letzten Jahr coronakonform auf Tour, das Konzert in Braunschweig mehrfach aufgrund Corona verschoben und nun von vornherein mit „Covid-19 Regulations und begrenzter Kapazität“ auch seitens des Tourveranstalters, angekündigt!

Die Leute hatten sich drauf gefreut und wir bekommen seit einer Woche fast täglich Anrufe, ob denn das Konzert am Samstag stattfindet. Das können wir nur enttäuscht verneinen. Wir haben das Konzert abgesagt!”

Dieser Start in einen Kultursommer, der die Vielfalt der Kultur und ihrer Ausdrucksformen vom Kurkonzert mit klassischer Musik bis zum Tanzen zu elektronischer Musik abbilden soll, lässt ein ungutes Gefühl zurück.

„Wir fordern, dass Ungleichbehandlung zwischen Kultursparten verhindert wird”, so Simone Beer aus dem KlubNetz-Vorstand.

Der von der Landesregierung vorgelegte Stufenplan bietet eine Orientierung, aber natürlich auch Anlass für Kritik. Bei sinkenden Infektionszahlen, Impferfolgen und der gebotenen Vorsicht zum Start müssen bessere Regelungen gefunden werden. Die ganze Branche steht für eine Zusammenarbeit und die nötige Klärung der vielen Details bereit.

„Wir haben den Eindruck, dass Kultur von der Landesregierung stiefmütterlich behandelt wird. Sie veröffentlicht auf die letzte Minute Regelungen, die wenig begründet und erläutert werden, aber dann manchmal seltsame Folgen haben. Viele Clubs und Veranstaltende, die sich jetzt auf ein Open-Air-Programm vorbereiten, sind verunsichert. So jedenfalls können wir nicht planen.” sagt Gunnar Geßner, Vorstand KlubNetz.

„Wir stellen erschrocken fest, dass die Regelungen für Kulturveranstaltungen weiterhin nicht die erhoffte Planungsperspektive bieten. Schon bei Sitzkonzerten wird ein guter Start verhindert und das trotz inzwischen eines Jahres Erfahrungen und Studienergebnissen. Der Kultursommer ist noch nicht gerettet! ” sagt Johannes Teller, Festivalsprecher des KlubNetz aus der AG niedersächsischer Open-Air-Festivals in der sich über 40 Veranstaltungsteams versammelt haben.

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